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Raus aus der Stadt!

Verlässt man das riesige Stadtzentrum von Buenos Aires auf einer der regelmäßig verstopften Avenidas, gibt es drei Auswege aus dem Chaos: Einer führt gen Süden, ins Arbeiterviertel "La Boca", welches seine Besucher mit bunt bepinselten Häußern, Straßen und Plätzen empfängt, wobei vor allem die Farben Blau und Gelb dominieren. Das kommt nicht von ungefähr, den dabei handelt es sich um die Vereinsfarben des legendären Fußballclubs "Boca Juniors", der hier im Süden beheimatet ist und seine Spiele in "La Bombonera" (Pralinenschachtel) vor seinen euphorischen Fans austrägt. Einer Legende nach, beanspruchten einst die beiden großen Stadtrivalen Boca Juniors aus dem Süden und River Plate aus dem Norden die Farben Rot und Weiß für sich und trugen eigens dafür ein Entscheidungsspiel aus. Boca verlor und traf die Wahl seiner Farben aufgrund eines zur der Zeit im Hafen liegenden schwedischen Schiffes - getüncht in Blau und Gelb. Die erhöhte Armutsrate im Süden der Stadt macht sich vor allem abseits der Touristen-Gassen bermerkbar, die logischerweise nicht zu den sichersten Gegenden der City zählen. Gleichzeitig zelebrieren die Einwohner La Bocas ihre Liebe zu Ihrem Stadtviertel auf ihre ganz besondere Weise. So wird auf der Straße gesungen, getanzt, gegrillt und gelacht und es herrscht eigentlich ständig gute Stimmung. Natürlich darf das einhemische "Streetfood" nicht fehlen: Besonders leckeres und mit ordentlich Chimichuri (typisch würzige Soße) bestrichenes Choripan (Wurst im Brötchen) oder ein Bondiola-Sandwich (Schweinesteak) gibts hier an jeder Ecke. Auch wir haben natürlich zugeschlagen, auch wenn unser Lieblings-Grill, mit den besten Choris in La Boca, nach der Pandemie leider noch nicht wieder geöffnet hatte. Will man dem Trubel ein wenig entfliehen, ist die Costanera Sur nicht weit: Ein Naturreservat, welches an den gigantischen Fluss "Rio de la Plata" grenzt und zu einer Fahrradtour am Flussufer einlädt, oder einfach nur zum Chillen bzw. zu einer erholsamen Siesta im Schatten der Bäume. Diese ließen wir uns, mit traumhaftem Ausblick auf den Fluss, auf einer schattigen Bank natürlich nicht nehmen - Buenas Noches!

Verlässt man die City nicht gen Süden, findet man im Norden den krassen Gegensatz: Das noble Tigre-Delta lockt alle Porteños, die genügend Pesos auf dem Konto haben und etwas auf sich halten, zum Leben, Flanieren oder nur für einen Tagesausflug am Wochenende. Das natürliche Delta besteht aus einem verzweigten System an Kanälen, dass die verschiedenen Inseln miteinander verbindet. Sofort fühlt man sich an Venedig oder die Floria Keys erinnert. Boote sind Hauptverkehrsmittel, Luxusgut und Spielzeug der wohlhabenden Society im Norden von Buens Aires. Auf einem Touristendampfer bekommt man einen Eindruck, wie sich das Leben hier abspielt: Eindrucksvolle Villen mitten in wundervoller Natur direkt am Wasser - jede mit eigenem Bootsanleger. Exklusive Restaurants, Hotels aber auch einfache Ferienhäußer, Holzhütten und Camping-Plätze reihen sich entlang der Kanäle. Wenn nicht gerade ein Speedboot vorbeidüst, strahlt das Zusammenspiel aus Natur, Architektur und Fluss eine eindrucksvolle Ruhe aus, die man einfach nur genießen kann. Das tägliche Leben ist mit Schultaxi-Booten, Superparkt-Yachten und der Kanalpolizei bestens angepasst und organisiert. Falls wir es noch nicht erwähnt haben: In Argentinien gibt`s das beste Eis der Welt! Jede "Helateria" (Eisdiele) stellt ihr Speiseeis traiditionell selbst her und man wird von der Auswahl an Sorten und Geschmäckern fast erschlagen. Auf Wunsch darf man sich auch vorab durch die Sorten schlecken - ein Genuss!

Gen Westen erwartet einen lediglich der Fluss Rio de la Plata und irgendwo am anderen Flussufer dann Urugay - bei offenen Grenzen, ein toller Tagestrip mit der Fähre. In Richtung Osten gelangt man bereits nach wenigen Kilometern auf einer der Rutas (Landstraßen) ins Landesinnere der Provinz Buenos Aires und findet sich plötzlich auf dem "campo" (Land) wieder. Im Gegensatz zur hektischen Metropole geht das Leben hier seinen gemütlichen Gang. Entlang den verschiedenen Rutas, die das pulsierende Herz von Buenos Aires von Nordosten bis Südosten mit dem Rest des riesigen Landes verbinden, kommt man an zahlreichen kleinen Dörfern vorbei, jedes mit seinem eigenen Charme. Die Menschen leben größten Teils von der Landwirtschaft, das Brot wird im Holzofen noch selbst gebacken und ihre Siesta ist den Dorfbewohnern heilig. San Antonio de Areco ist sicherlich eine besondere Perle unter den Dörfern im nahen Umkreis von Buenos Aires und mit zahlreichen kleinen Pensionen, Cafés, Restaurants und Pulperias (Dorfkneipen) bei Tages- oder Wochenend-Touristen, die eine erholsame Pause von Buenos Aires suchen, sehr beliebt. So ließen es auch wir es uns in den letzten Zügen vor unserer Abreise gen Süden nicht nehmen, Areco einen Besuch abzustatten und wir haben es definitiv nicht bereut: Ein schmuckes Dorf mit viel Charme und ursprünglichem Flair!

Gute 20 Minuten abseits von San Antonio de Areco gelangt man über eine mehrere Kilometer lange Staubstraße zur Estancia El Ombú de Areco - ein wahrer Juwel mitten in der Natur! Nach langem Überlegen haben wir uns letztlich dazu entschlossen, uns während unseres dreimonatigen Aufenthalts in Buenos Aires ein einziges Mal wirklich etwas zu gönnen - und das war ein Volltreffer! Die einzigen Gäste auf einer 300 Hektar großen Estancia mit 12 Zimmern, die in der Hauptsaison bis zu 100 Tagesgäste begrüßt: unvorstellbar?! Nicht in Zeiten der Pandemie, ohne ausländische Touristen an einem Wochentag! Bereits als wir auf die Eukalyptusallee zur Einfahrt auf die Estancia einbogen, hatten wir das Gefühl, dass das ein ganz besonderer Aufenthalt wird und wir wohl einen ganz guten Tag erwischt hatten. Die Parkplatzsuche auf der riesigen Anlage war entsprechend einfach und als uns Pablo dann mit den Worten in Empfang nahm "Fühlt euch wie zu hause, ihr seid heute unsere einzigen Gäste", war klar: Wir hatten alles richtig gemacht! Ein sensationelles Anwesen aus dem frühen 19. Jahrhundert, welches mit sehr viel Liebe zum Detail restauriert und gepflegt wird, dazu sehr herzliche Mitarbeiter und natürlich mega Glück mit dem Wetter - wir haben es gefunden, das Paradies in Argentinien =) Nach einem Rundgang wurden wir mit köstlichen Empanadas und Rotwein begrüßt - selbstverständlich vor dem landestypischen Asado mit Salaten, Brot und einem hausgemachten Flan mit Duce de Leche zum Nachtisch - ein Genuss. Küchenchefin Marta wollte gar nicht aufhören, uns an ihren Geschichten aus fast 30 Lebensjahren auf der Estancia teilhaben zu lassen, da rief uns auch schon Cacho zum Stall. Mit ihm, einem wahren Gaucho-Original, durften wir die Estancia hoch zu Ross erkunden. Die Pferde und der 5-Jährige Enkel Fausto warteten schon auf den Ausritt über das Gelände in der Nachmittagssonne - ein Traum! Nach knapp zwei Stunden auf dem Rücken unserer vierbenigen Begleiter hatten wir einen groben Überblick über das riesige Gelände, voll mit Rinderherden, Pferden und Schafen, durchkreuzt von einem Fluss und sehr sehr sehr viel grüner Weidefläche. Anschließend waren wir ready für eine Abkühlung im Pool, bis die Sonne irgendwann hinter den Bäumen unterging. Dass der Sternenhimmel nach dem leckeren Abendessen unfassbar schön war und der leuchtende Mond sein Übriges dazu gab, müssen wir nicht extra erwähnen. Noch vor dem Frühstück ging es am nächsten Morgen nochmals in den Pool, bevor wir uns ein zweites Mal auf dem Rücken der Pferde wiederfanden. Pacho hatte den Nachwuchs-Gaucho Fausto diesmal daheim gelassen und eine andere Route durch den Wald, entlang der Eukalyptus-Bäumen gewählt - ein krönender Abschluss eines unvergesselichen Aufenthalts! Daran konnte selbst die Tatsache nichts ändern, dass wir erst auf unserem ersten Stop auf der Rückreise feststellten, dass wir, geflashed von all den Eindrücken, total vergessen hatten, den Zimmerschlüssel abzugeben ... =) Vivan los Gauchos!


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