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Ruta 40 Nord

Am nächsten Morgen setzten wir alles auf eine Karte. Da unsere PCR-Tests erneut leider noch nicht das gewünschte Ergebnis zeigten, war klar: Chile rückt in weite Ferne – doch aktuell war es nur 3 km entfernt. Online hatten wir von einer Ausnahmeregelung erfahren, die uns einen letzten Versuch wert war. So beluden wir die Gaucha mit unserem Gepäck und hatten auch zwei Kisten Lebensmittel für die kommenden Wochen dabei, die wir angeschafft hatten, falls es mit dem Grenzübertritt doch klappen sollte. Nach 15 min erreichten wir den Grenzübergang Rio Jenimeni, wo es zunächst die argentinischen Grenzbeamten von der Sondergenehmigung zu überzeugen galt. Diese willigten schließlich ein, stempelten uns aus und versicherten uns vorher, dass wir im Fall der Fälle sofort wieder einstempeln konnten. Außer uns war nur eine Mutter mit ihrer süßen kleinen Tochter an der Grenze, die zurück in ihre chilenische Heimat wollten. Wie sich herausstellte, waren die beiden zu Fuß unterwegs und planten per Anhalter die ca. 6 km zwischen den Grenzen zurück legen. Da außer uns weit und breit aber niemand zu sehen war und die Gaucha bis unters Dach beladen keine weiteren Sitzplätze anzubieten hatte, wollten sie sich bereits zu Fuß auf den Weg machen. Bei knallender Sonne und gefühlten 30 Grad mit einem großen Koffer sicherlich keine gute Idee. So räumten wir unser Gepäck spontan um und boten ihnen an, sich zu unserem Gepäck auf unsere Matratze zu legen und mit uns bis zum chilenischen Grenzposten zu fahren. Mit großen Augen nahmen sie unser Angebot liebend gerne an und die Tochter kletterte schon in die Gaucha. Auch wenn die Fahrt schnell vorüber ging, war sie für unsere beiden Gäste an Bord ein großes Abendteuer und wir hatten unseren Spaß. An der Grenze angekommen, nahmen uns die chilenischen Grenzbeamten bereits in Empfang. Schnell war klar, dass sie es mit der Kontrolle der Daten und Unterlagen sehr genau nehmen würden und unsere Hoffnung, dass wir heute noch chilenischen Boden unter den Füßen haben würden, schwand schnell. Zwar konnten wir sie zunächst von der Ausnahmeregelung überzeugen, da uns korrekterweise jedoch entscheidende Details fehlten, hieß es sich von unseren beiden Gästen ebenso zu verabschieden wie von unseren Reiseplänen nach Chile – ein Versuch war es Wert und wir hatten zumindest alles probiert. Enttäuscht, da dem Ziel so nah, rollten wir mit der Gaucha zurück, stempelten in Argentinien wieder ein, kauften erstmal ein Kilo unfassbar leckere Kirschen, gönnten uns eine Pizza im Restaurant eines ausgewanderten Holländers aus Amsterdam und verbrachten den restlichen Tag gechillt in der Sonne am Strand des Lago Argentino – keine ganz so schlechte Alternative! Als uns dann auch noch der freundliche Besitzer vom Fischerclub anbot, direkt auf ihrem Mini-Campingplatz am See zu übernachten, war der Plan perfekt und wir bauten unser Zelt zum ersten Mal im Sand auf. Ein Abendessen im Restaurant um die Ecke mit WIFI, um kurzerhand neue Pläne zu schmieden, inklusive Vollmond über dem See auf dem Rückweg, eine heiße Dusche und ab ging es ins Zelt, in eine windige Nacht – Chile wird noch eine Weile auf uns warten müssen: Viva Argentina!

Am nächsten Morgen ging es zum Frühstücken nochmals ins Dorf, ins Restaurant des Holländers. Das leckere Rührei war allerdings nicht der einzige Grund – hatten wir doch nachts noch bemerkt, dass Maris Bankkarte und Ausweis fehlten und wir sie am Vortag doch wirklich dort vergessen hatten! Zum Glück gibt es überall auf der Welt ehrliche Finder, so wie die Kellner hier im Restaurant: Muchas gracias! Danach ging es dann ab auf die Ruta 40 für 600 km gen Norden. Der Tag war bewölkt mit mäßigem Wind und angenehmen Temperaturen – ideal, um ihn auf der Piste zu verbringen. Alle zwei Stunden wurde angehalten und das Steuer der Gaucha gewechselt und gegen 20 Uhr rollten wir in Esquel ein, wo wir mit Glück in den gleichen Cabanas wie auf der Hinfahrt Unterschlupf für drei Nächte fanden. Unsere Essensvorräte für Chile waren fällig und so gab es nach langer Zeit mal wieder selbstgekochte Pasta zum Abendessen, inkl. einem leckeren Malbec =) Am nächsten Tag packten wir unsere Wanderstiefel ein und ab ging es zum Nationalpark Los Alerces. Auf der Hinreise hatten wir den zentralen und nördlichen Teil des Parks schon ausführlich erkundet, heute wartete daher der südliche Teil. Clevererweise starteten wir ohne Bargeld und als wir es auf der Fahrt bemerkten, waren wir uns sicher, dass wir bei unserem letzten Besuch im Park keinen Eintritt gezahlt hatten und fuhren guten Gewissens weiter. Doch unsere Rechnung ging leider nicht auf. Da wir uns mittlerweile in der Hauptsaison befanden, wurde Eintritt kassiert und die netten Damen am Parkeingang wollten leider keine Ausnahme machen – wir hatten diese Tage aber auch Pech mit Eintritten =) So hieß es die halbe Stunde wieder zurück zur Cabana, Geld holen und im zweiten Anlauf dann ab in den Park. Obwohl Esquel so gut wie ausgebucht war, verirrten sich doch verhältnismäßig wenige Besucher in den Nationalpark – umso besser für uns. Zur Freude sahen wir nur drei Autos am Parkplatz des Wanderwegs hinauf zur „Laguna Toro“. Steil ging es hinauf, doch jeder Höhenmeter lohnte sich, bot sich doch ein immer schönerer Ausblick auf den bewaldeten Park mit seinen Seen im Hintergrund. Nach knapp drei Stunden erreichten wir die Lagune, an der wir Rast machten und die einmalige Ruhe hier oben genossen, bevor es wieder steil bergab ging. Unten angekommen, brauchten wir erstmal eine kleine Pause und spürten so langsam aber sicher die vergangenen Wochen und zahlreichen Wanderungen in den Knochen. Doch der Park hatte noch ein Highlight mehr zu bieten: Das Staudamm-Projekt „Hidroelectrico Futaleufu“. Dabei handelt es sich um ein durchaus umstrittenes Energiegewinnungs-Projekt aus den 70er-Jahren, welches jährlich mehr als 2,5 Milliarden KW Strom produziert und einst eine Menge Arbeitsplätze in die Region brachte. Gleichzeitig war es natürlich mit erheblichen Eingriffen in die Natur verbunden. Heute kann man das gesamte Gelände mit dem Auto abfahren und erhält so einen Einblick in das Kraftwerk. Von der 120 m hohen Staudamm-Mauer hat man natürlich einen tollen Ausblick und es ist schon beeindruckend, wie die Menge an Wasser oben gestaut, durch die Pumpen geschleust und unten wieder in den Fluss geleitet wird. Gleichzeitig sieht man aber auch das ehemalige Flussbett, welches heute als Canyon längst von Pflanzen und Bäumen bewachsen ist. Mit diesen Eindrücken ging es zurück nach Esquel, inklusive einem Stopp in einer kleinen Brauerei mit selbstgebrautem Bier in Trevelin.

Dann hieß es schon wieder Abschied nehmen von Esquel, doch zum Frühstück fuhren wir nochmals hinauf zur Laguna Zeta, hoch über Esquel. Hier kannten wir bereits die tollen Picknick-Möglichkeiten und ließen uns den Mate-Tee in der ab und zu durch die Wolken schimmernde Sonne schmecken. Trotz Hauptsaison hatten wir während unserem gesamten Aufenthalt in Esquel nie das Gefühl, dass es aus allen Nähten platzt, was uns angenehm überrascht hatte. Dann ging es für zwei Stunden wieder auf die Ruta 40 bis nach El Bolson – einem Dorf zwischen Esquel und Bariloche, welches vor allem bei jungen Leuten beliebt ist, fantastische Wandermöglichkeiten bietet und ein deutlich alternatives Flair versprüht. Die vollen Straßen deuteten hier schon vor der Ankunft darauf hin, dass das Dorf wirklich voll war, doch wir hatten erneut Glück und hatten im Vorfeld eine sehr schöne Cabana für drei weitere Nächte reserviert. Patricia hieß uns Herzlich Willkommen, wir packten kurz aus und nutzten dann den schönen Nachmittag, um hinauf zum über El Bolson thronenden Berg „Piltriquitron“ zu kommen. Die 15 km Schotterpiste waren für die Gaucha natürlich kein Problem, obwohl es durchgehend steil bergauf ging und wir nur zwischen dem zweiten und ersten Gang hin und her wechselten, um vorwärts zu kommen. Der Parkplatz auf der Besucherplattform war trotz der späten Stunde ziemlich voll, doch zum Glück waren die meisten schon oben. Von hier aus ging es auf einem leichten Wanderweg nochmals eine Stunde hinauf, bis wir zum „Bosque Tallado“ kamen. In einem Waldstück hatten sich Künstler aus ganz Südamerika mit Schnitzfiguren verewigt, die auf einem Rundweg bestaunt werden können, zudem gibt es viele Grillstellen und ein Kiosk, der selbstgemachte „tortas fritas“ anboten – ein spezieller Teig, der über dem Feuer aufgeht und frittiert wird. Natürlich konnten wir nicht nein sagen und nahmen eine Tüte voll tortas fritas auf das letzte Stück hinauf zum Refugio auf 1500 m. Hier war zum Glück nur noch wenig los und wir genossen den tollen Ausblick auf El Bolson und ließen uns unser Vesper schmecken. Da der Wind mehr und mehr zu nahm und die Sonne allmählich verschwand, kehrten wir noch im Refugio auf eine heiße Schokolade ein, bevor es zurück zur Gaucha und mit ihr die 15 km hinab ging. Wie erwartet herrschte ziemlich Verkehr auf der steilen Straße und so standen wir gefühlt ständig auf der Bremse. Dies war offenbar zu viel für die Gaucha und als wir unten ankamen, roch es schon sehr verdächtig. Sicherheitshalber hielten wir an und in der Tat hatten unsere Bremsen die Abfahrt nicht überlebt. Die Bremsflüssigkeit war offenbar zu heiß geworden, so dass man das Pedal komplett durchdrücken konnte. Nach dem ersten Schreck hieß es kühlen Kopf bewahren! So warteten wir erstmal ein paar Minuten und rollten dann langsam auf dem Seitenstreifen mit der Handbremse bremsend die restlichen 3 km zurück zur Cabana, wo die Bremsen langsam aber sicher wieder funktionierten. In der Hoffnung, dass es kein schlimmeres Problem war, kontaktieren wir unsere bekannten Mechaniker, informierten uns online und entschieden und letztlich dazu, am nächsten Morgen einen Check in der Werkstatt um die Ecke einzulegen. Risotto mit Pilzen und Salat aus unseren Chile-Vorräten stand auf dem Speiseplan zum Abendessen, bevor wir müde ins Bett fielen.

Der freundliche Mechaniker schaute sich die Bremsen am nächsten Morgen an und gab uns grünes Licht zur Weiterfahrt. Offenbar hatte sich nur die Bremsflüssigkeit überhitzt, Bremsbeläge und Bremsscheiben sahen noch gut aus, auch wenn er uns einen Wechsel der hinteren Beläge empfahl, sobald wir zurück in Buenos Aires waren. Damit stand unseren Tagesplänen nichts mehr im Weg und nach einem stärkenden Porridge-Frühstück in der Cabana machten wir uns auf in die Berge. Um den Touristenmassen zu entgehen, wählten wir eine abgelegene Route und unser Plan ging voll auf. Nur ganz wenige Wanderer kamen und auf dem schönen Weg entgegen, der uns zunächst durch einen Wald, dann am Fluss entlang bei ständigem auf und ab durch Blumenwiesen bis zum Refugio „Encanto Blanco“ führte. Hier herrschte eine gechillte Hippie-Atmosphäre mit Zelten, Yoga und Chillout am Fluss. Die Jungs vom Refugio servierten leckere Pizza vom Steinofen, nach der erstmal eine Siesta im Schatten nötig war. Auf dem Rückweg wurden wir von einem reitenden Gaucho überrascht, der sein Pferd gekonnt den schmalen Wanderweg entlang ritt und uns freundlich grüßte. Mit der Gaucha ging es zurück ins Dorf, in dem abends eine Menge los war und eine super Sommerabend-Stimmung herrschte. Nach einem Bier traten wir aber den Rückzug an und freuten uns auf die heiße Dusche. Nächster Tag – nächste Wanderung! Doch bevor es erneut in die Berge ging, schlenderten wir noch über den Handwerksmarkt, der allerhand zu bieten hatte. Danach hieß es wieder: Der Berg ruft! Ging es am Vortag noch entspannt zu, wählten wir heute eine deutlich anspruchsvollere Route. Der Parkplatz war voller Autos, doch nach einem kurzen Stück trennten sich die Wege und zu unserer Überraschung war auf unserer Route heute noch weniger los als am Vortag. Für mehrere Stunden ging es steil hinauf, bis wir den Fluss überquerten und hier auf die einzige Touristin des Tages trafen. Da es heute über 30 Grad hatte, waren wir über den schattigen Weg mehr als froh. Immer weiter schlängelte sich der Weg durch den Wald entlang hinauf und die letzten Meter hatten es nochmal in sich, bis wir endlich am Refugio „Dedo Gordo“ ankamen. Hier erwarteten uns exakt zwei Zelte und drei Jungs – mehr war nicht los. Wir packten unser mitgebrachtes Vesper aus, zogen danach los zu einem Aussichtspunkt mit überragendem Blick über El Bolson und hielten unsere Routine-Siesta im Gras ab. Die drei Camper waren sichtlich überrascht, dass wir am gleichen Tag noch absteigen wollten und wünschten uns viel Glück. Steil bergab ging es deutlich schneller als bergauf und nach dem wir vier Stunden hinauf unterwegs waren, erreichten wir nach zwei Stunden bergab bereits wieder die Estancia am unteren Flussbett. Die Tiere liefen hier alle frei rum und so wurden wir von Hunden, Pferden, Schafen, Hühnern mit Küken und Alpacas begrüßt – was ein Willkommenskomitee =) Auf unsere beiden tollen Wandertage stießen wir abschließend in einer Rooftop-Bar mit Live-Musik in El Bolson an, kochten ein leckeres Abendessen in der Cabana und bereiteten uns auf die Weiterfahrt am nächsten Tag vor.

Das Dorf Villa la Angostura, 80 km nördlich von Bariloche, hatte uns auf der Hinreise besonders gut gefallen und so entschieden wir auch hier nochmals zwei Nächte zu verbringen. Nachdem wir Bariloche nach knapp 2 Stunden auf der Ruta 40 erreichten und hier einige organisatorische Dinge erledigt hatten, ging es nochmals für eine Stunde auf die Straße bis nach Villa la Angostura. Nach dem Check-In bei unserem Gastgeber Alberto schafften wir es noch für die letzten Sonnenstrahlen des Tages zu unserem Lieblingsstrand am Lago Correntoso und das Wasser war zum Glück noch warm genug für ein erfrischendes Bad. Etwas müde von den Wandertagen in El Bolson genossen wir den Sonnenuntergang am Strand des Sees und machten uns nach einer Stärkung mit selbstgebackenem Brot aus dem Steinofen der Senora am Strand auf den Weg zurück zu unserer Unterkunft. Zur Abwechslung zu all unseren Hunde-Bekanntschaften, hatten wir hier gleich bei unserer Ankunft Besuch von zwei kleinen Kätzchen, die sich nach einem kurzen Abtasten pudelwohl in unserer Bude fühlten und sofort zu spielen anfingen. Unter dem Bett war es offenbar besonders spannend und auch das Bad hielt allerhand Interessantes bereit. Die Besitzerin versicherte uns, dass sie dem Nachbar gehörten und da sie von alleine nicht mehr gehen wollten, trugen wir sie über Nacht sicherheitshalber hinaus und sie machten es sich unter der Gaucha bequem. Am nächsten Tag ging es für uns früh morgens nochmals nach Bariloche zu einem weiteren Orga-Termin, den wir aber schnell erledigten und so am Nachmittag bereits wieder zurück in Villa la Angsotura waren. Heute stand ein abgelegener Strand des Nahuel-Huapi-Sees auf dem Programm mit dem sensationellen Namen „ultima esperanza“ (letzte Hoffnung). Unsere Hoffnung, dass hier weniger los war, als an den anderen Stränden, erfüllte sich definitiv. Der Grund war aber auch klar: 45 min Fußmarsch hinab zum Strand. Das war definitiv zu viel für argentinische Touristen, die zum Teil schon bei einem 20 min Rundweg im Nationalpark an ihre Grenzen stießen. Der Marsch mit Flip-Flops war nicht ohne, dafür hatten wir den Strand aber fast für uns alleine und schmissen uns in den kalten aber erfrischenden See, bevor wir die Sonne genossen und den Tag erneut gechillt ausklingen ließen. Der Rückweg bergauf war schnell geschafft und zuhause wurden weiter die Chile-Vorräte verkocht und mit den Kätzchen gespielt, die uns schon sehnsüchtig erwarteten. Am nächsten Morgen hieß es auch schon wieder Abschied nehmen von den beiden Spielgefährten und dem schönen Villa la Angostura. Ein letztes Frühstück an einem kleinen, abgelegenen Strand in der Sonne und schon waren wir wieder unterwegs nach Bariloche. Hier haben wir uns für eine weitere Woche in zwei verschiedenen Cabanas eingebucht und waren schon sehr gespannt darauf, mit wie vielen Touristen wir uns unsere Lieblingsstadt wohl werden teilen müssen =) Vamos a Bariloche!


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