Das pulsierende Herz Argentiniens entdecken, ganz ohne Touristen - völlig unmöglich?! Nicht in Pandemie-Zeiten! Durch die wiedererlangte "Freiheit" nach unserer erfolgreich absolvierten Quarantäne und mit dem Umzug in unser neues Appartement im Viertel "Colegiales" fanden wir uns mitten in einer der größten und schönsten Städte dieses Planten wieder und hatten sie (fast) ganz für uns alleine! So wurde jeder Tag zu einer kleinen Entdeckungsreise - ohne Stress, Hetze und dem Druck, in kurzer Zeit möglichst viele Highlights abklappern zu müssen. In Buenos Aires zu leben, bedeutet sich dem Puls der Stadt und dem ihrer Einwohner, den "Porteños", anzupassen, ihren Charme kennen zu lernen und sich mit all ihren Facetten vertraut zu machen. Da wären zum Beispiel ihre kleinen bolivianischen Gemüseläden, ihre Bäckereien in denen wirklich noch täglich selbst gebacken wird, ihre Kneipen mit einer riesigen Auswahl eigener Biersorten, den leckeren Steak- und Fisch-Restaurants, zum Mate-Chillout einladende grüne Parks und natürlich die quirligen Colectivo-Busse auf den überfüllten Avenidas und die quietschende Subte-U-Bahn weit unter der Erde. Bisher ist kein Tag vergangen, an dem wir nicht etwas völlig Neues erkundet haben, ob gewollt oder nicht. Natürlich dürfen die touristischen Highlights nicht fehlen, die wir aber alle eher im Vorbeigehen, bwz. weil wir zufäfllig in der Nähe waren, angetroffen haben. Normalerweise tummeln sich speziell hier die Touristenscharen - zur Zeit wirken sie eher wie ganz normale Plätze, Ecken und Teile der Stadt: Der "Obelisco" als Wahrzeichen von Buenos Aires, erbaut 1936 anlässlich des 400. Gründungstags der Stadt, die "Avenida Corrientes", als Kulturmeile der City eng verflochten mit ihrer legendären Tango-Vergangenheit und vollgepackt mit zahlreichen Theater- und Schauspielhäusern, das famose "Casa Rosada" von dem aus Präsident Alberto Fernandez die Geschicke des Landes führt, die "Plaza de Mayo" auf der sich die wichtigsten historischen Ereignisse der Stadt abgespielt haben und auf der heutzutage so gut wie immer für oder gegen etwas lautstark aber friedlich demonstriert wird und natürlich das chicke Hafengebiet "Puerto Madero" mit seinen typischen Backsteinbauten und der berüchtigten "Puente de la mujer", der schönsten Brücke der Stadt, deren Architektur mit viel Phantasie ein tangotanzendes Paar abbildet.
In sage und schreibe 48 Viertel teilt sich das gesamte Stadtgebeit von Buenos Aires auf - jedes einzelne hat seinen ganz eigenen Flair. Selbstverständlich gilt es, sich in seinem eigenen "barrio" möglichst gut auszukennen. Unser Appartement befindet sich offiziell im Viertel "Colegiales", grenzt aber direkt an "Palermo" - sicherlich das bekannteste und hippste Viertel im Zentrum von Buenos Aires. Damit haben wir jeden Tag die Wahl zwischen trendigen Bars, Restaurants, Shopping und High Society auf der einen und der gemütlichen, einheimischen, lokalen Variante auf der anderen Seite. So oder so gefällt uns das viele Grün in diesem Teil der City mit den typischen Jacaranda-Bäumen auf den Straßen, die mit ihren fliederfarbenen Blüten den Frühling einläuten. Ein imposantes Wandbild des Brandenburger Tors verrät sofort: Wir sind nicht die einzigsten Deutschen hier - so ist die imposante Deutsche Botschaft quasi direkt ums Eck. Während wir die barrios meist zu Fuß durchstreifen und mit unseren bisher zurückgelegten Kilometern die Stadt mittlerweile mit Sicherheit bereits mehrfach umrundet hätten, macht Marina auch die Straßen der umliegenden Viertel unsicher - gemeinsam mit ihrem Fahrlerer und einem alten, verbeulten Fiat. Nur 10 Minuten zu Fuß entfernt liegt der "Parque Tres de Febrero", der 25 Hektar große Stadtpark Palermos - ideal zum Spazierengehen, Joggen oder einfach nur die Sonne mit einem Mate-Tee genießen und den Hunden beim wilden Austoben rund um den angelegten See zuzusehen. Selbstverständlich laden Rund um den Park zahlreiche kleine Cafés zum Verweilen ein und etwas weiter entfernt tauscht man im "Barrio Chino", dem chinesichen Viertel, bei knuspriger Ente, Wok-Gemüse und Ramen-Nudeln für einige Momente Südamerika gegen Asien ein. Die Rückfahrt im Colectivo-Bus bringt einen aber schnell wieder zurück in die südamerikanische Realität. Nach Sonnenuntergang beginnt die Zeit der "Cervecerias", den (Bier-)Kneipen, in denen man sich zunächst in Schnapsgläsern zu seiner favorisierten Biersorte durchtestet, ehe man diese frisch gezapft serviert bekommt. Selbstverständlich sind wir bei unserer Kneipe an der Straße bereits bestens vertraut und haben bereits unsere Lieblingssorten entdeckt: Prost und Salud!
Farbenfroh, kreativ und trendig-hip präsentiert sich Buenos Aires und wirkt dabei total authentisch - wenn auch zum Teil ziemlich wild und bunt-gemischt. Dabei haben die Regenbogenfarben längst Einzug gehalten und Streetart und Grafitti dominieren das Stadtbild quasi an allen Ecken und Enden. Von variantenreichen Porträts des argentinischen Nationalhelden Diego Maradonna bis zu komplexen Wand- und Gebäude-Projekten ist die City ein Paradies für Fans der bunten Kunst. Kaum eine Bahnstation, ein Hinterhof oder eine Hausfassade kommt ohne prägendes Gemälde daher. Passend dazu reihen sich die Antiquitäten- und Street-Food-Märkte ein, wie zum Beispiel der "Patio de los lecheros" - ein Food-Court in einer ehemaligen Milch-Fabrik mitten in der City, der von Asado, Cerviche und Empanadas bis zu Helado, Dulce de Leche und natürlich Cerveca, Vino und einheimischen Coctails einen kulinarischen Mix vom allerfeinsten bietet. Doch Maradona strahlt nicht nur von den Wänden. Seine Legende als argentinischer Volksheld lebt auch nach seinem überraschenden Tod im vergangenen Jahr und der Fußball ist hier sowieso tagtäglich Thema #1. Selbstverständlich haben wir alles versucht, um während unserem Aufenthalt die einmalige Atmosphäre in einem argentinischen Stadion live miterleben zu können. Coronabedingt war es leider unmöglich legal an Tickets zu kommen, also entschieden wir uns, trotz aller Warnungen von Freunden und Familie, für die halblegale Variante: Kontakt über Whatsapp, Teffen an der Fleischtheke im Superparkt und Übergabe gegen Cash, zwei Tickets zum WM-Quali-Spiel und Klassiker Argentinien - Uruguay, Sonntagabend 20:30 Uhr. Gewappnet, dass es schief gehen könnte, bestens ausgerüstet in Argentina-Trikots mit dem Traum, Messi in Argentinien spielen zu sehen, war die Enttäuschung schnell verfolgen, als man uns beim Einlass leider mitteilte, dass die Tickets gefälscht waren. Wir haben unsere Lektion gelernt und den 3:0-Sieg Argentiniens letztlich in einer Bar verfolgt =)
Kulturell hat Buenos Aires so einiges zu bieten: Neben Tango-Tanzhäusern und Theatern zählt es auch einige weltberühmte Museen zu seinem Kulturschatz. Neben dem wohl bekanntesten Museo de Bellas Artes (Schöne Künste), unter anderem auch das Museo de Arte Latinoamerica de Buenos Aires (MALBA), das mit urprünglicher südamerikanischer Kunst zu überzeugen weiß. Ideal zum Entspannen mit einem leckeren Mate-Tee laden die vielen grünen Parks rund um die Museen-Landschaft ein - wahre Wohlfühloasen für Mensch und Hund mitten in der City und im Frühjahr bunt blühend und herrlich duftend. Der internationale Einfluss macht sich quasi an jeder Ecke der Stadt bemerkbar. Kaum ein Land, dass nicht mit einer Statue, einem Gebäude oder einem eigenen Platz vertreten ist - wie selbstverständlich die Japaner. Der Japanische Garten gehört dabei sicherlich zu den Schmuckstücken, mit typisch asiatischer Flora und Fauna mitten im Herzen von Buenos Aires. Die Kunst macht selbstverständlich auch vor der Dämmerung kein Halt. So zählt die argentinische Hauptstadt einige sehr skurile und spezielle Bars zu ihren eigenen, bei denen man sich den Weg zum Eingang durch eine detailgetreu restaurierte Hinterhofwerkstatt über das Eintippen der tagesaktuellen Nummer in einer original Telefonzelle aus den 50er-Jahren erfragen muss, ehe man durch eine Spiegeltüre tritt und sich einige Jahrzente zurück versetzt in einem Club des Buenos Aires Anfang des 20. Jahrhunderts wiederfindet - Suerte und Salud!
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