Nach drei Nächten auf Camping-Plätzen war die Vorfreude auf unsere gemietete Hütte und deutlich mehr Platz zum Wohnen zu haben, als die wenigen Quadratmeter in unserer Gaucha, groß. 220 Kilometer die Ruta 3 gen Süden und wir bogen kurz vor Puerto Madryn links ab, wo weitere 100 Kilometer auf uns warteten. Doch zunächst galt es, Eintritt zum Naturreservat auf der Halbinsel Valdes zu bezahlen – unserer Heimat für die kommenden vier Tage. Die freundlichen Eingangswächter hießen uns herzlich Willkommen und schon die ersten Blicke auf das blau-türkise Meer, umgeben von einer Wüstenlandschaft, waren spektakulär. Kurz vor unserem heutigen Ziel kamen wir beim Besucherzentrum des Reservats vorbei, bei dem wir natürlich einen Stopp einlegten. Ein kleines Museum mit viel Informationen zur hiesigen Flora und Fauna bereitet die Besucher auf das vor, was sie auf der Halbinsel erwartet … und es verspricht definitiv nicht zu viel! 10 Minuten später rollten wir den Hügel hinab nach Puerto Piramides. Das einzige Dorf im Naturreservat diente einst zur Salzgewinnung, heute ist es der touristische Ausgangspunkt für jegliche Exkursionen. Dabei versprüht es einen ganz besonderen Charme, da es bis auf einige Hütten, Appartements und Pensionen (noch) vom Massentourismus verschont geblieben ist. Die Touristen nächtigen in der Regel in der mittelgroßen Stadt Puerto Madryn und kommen per Auto oder Bus für einen Tagesausflug auf die Halbinsel. Wir hatten uns bewusst für einen Aufenthalt im Reservat entschieden, um der Natur nahe zu sein und den Charme dieser kleinen Gemeinschaft erleben zu können. Und davon hat Puerto Piramides eine Menge. Die Dorfbewohner leben ein gechilltes Leben, sind super Stolz auf alles, was es hier gibt: einen sehr schönen Strand direkt vor dem Dorf, spektakuläre Aussichtspunkte auf den Klippen, einen Supermarkt der einmal die Woche beliefert wird, ein Kulturhaus mit Live-Auftritten am Wochenende sowie ein paar wenige kleine, aber sehr authentische Bars und Restaurants – an allererster Stelle stehen aber natürlich die Wale. Der Südkaper, oder auch Südlicher Glattwal genannt, nutzt die geschützten Gewässer der Halbinsel Valdes zur Aufzucht seiner Jungen zwischen Juni und Dezember. Zur Hochzeit zwischen Juli und September kann man die Meeresriesen vom Strand aus beobachten. Dann wimmelt es in der Bucht von Luftstößen des V-förmigen Atmens. Die Beziehung zwischen Mutter und ihrem Jungen ist enorm. So verzichtet die Mutter wochenlang auf eigene Nahrung und widmet sich komplett der Aufzucht ihres Jungen. Doch die Wale sind bei Weitem nicht die einzigen Tiere, die man hier bestaunen kann. Rund um die Insel leben mehrere Seelöwen- und Seeelefanten-Kolonien, die das ganze Jahr über hier sind und es lieben, sich am Strand in der Sonne zu räkeln, sich mit Sand zu bespritzen oder eine erfrischende Abkühlung im Wasser zu nehmen. Dabei wird jede Kolonie von einem dominierenden „Macho“ angeführt, der körperlich alle Weibchen deutlich überragt. Die größte Gefahr sind die Orcas, welche die geschützten Gewässer der Halbinsel vor allem von Januar bis März zum Jagen lieben. Entspannter geht es da bei den Pinguinen zu. Einige wenige Magellan-Pinguin-Kolonien nisten auf der Halbinsel und lassen sich entspannt aus nächster Nähe bestaunen. Im Landesinneren trifft man viele Guanacos (Verwandte der Lamas) an, die in kleinen oder großen Gruppen über die Halbinsel streifen, ebenso wie Schafe und Pferde. Hier ist also einiges geboten, dass es zu erkunden gilt! Unsere super freundliche Gastgeberin Tina begrüßte uns in ihren urigen „Cabanas El canto de la ballena“ direkt hinter den Dünen und hatte uns im Vorfeld bereits eine Walbeobachtungs-Tour für den nächsten Tag reserviert. Als wir von ihr bei unserer Ankunft jedoch hörten, dass heute Orcas auf der Ostseite der Halbinsel gesichtet wurden, entschieden wir sofort, unsere Pläne zu ändern. Wenn die Orcas heute da waren, dann vielleicht auch morgen. Tina gab uns den Gezeitenkalender durch, der hier für alle Beobachtungen im Meer entscheidend ist, da die Meeresbewohner nur bei Flut von Land aus beobachtet werden können. Für den nächsten Tag war diese auf 9 Uhr angekündigt, also hieß es früh aufstehen. Vorher wurde noch ausgepackt, im Supermarkt eingekauft und endlich mal wieder selbst gekocht, bevor wir müde aber voller Vorfreude auf die Tiere, die uns in den nächsten Tagen erwarten würden, ins Bett fielen.
Um 7.30 Uhr bretterte die Gaucha schon über die Schotterpisten der Halbinsel in Richtung Osten. Gefolgt von einem chicken Mercedes Geländewagen, erreichten wir den Aussichtspunkt und wurden schier vom Wind weggeblasen. Mit Sonnencreme und Windjacken ausgerüstet warteten wir gespannt, ob sich die Orcas zeigen würden. Ein paar weitere Frühaufsteher gesellten sich zu uns und so wurde gewartet. Leider hatten wir Amateure kein Fernglas dabei, so dass wir die auf der vorgelagerten Landzunge liegenden Seelöwen und vor allem das Wasser vor ihnen mit scharfen Augen beobachten mussten. Nach etwas mehr als einer Stunde und sich langsam bereits zurückziehendem Wasser war klar: heute kommen hier keine Orcas mehr vorbei. Schade, aber halb so wild, denn wir hatten ja noch ein paar Tage. Der nächste Stopp wurde bei den Pinguinen eingelegt. Hier hatten wir mehr Glück und wurden für das frühe Aufstehen belohnt. Ohne weitere Touristen konnten wir die hier nistende Pinguin-Kolonie ganz alleine besuchen: sensationell süß die Kleinen! Zum Abschluss unserer ersten Erkundungstour ging es zum nördlichsten Punkt der Halbinsel, wo Seelöwen- und Elefanten auf uns warten sollten. Dummerweise war die Piste gen Norden von hier aus gesperrt. Aber nicht für unsere Gaucha. Mehr und weniger große Schlaglöcher, bedrohlich tiefe Sandpassagen, und mit Meerwasser geflutete Stellen waren für sie doch kein Problem, so dass wir nach einer Stunde sehr holpriger Fahrt den Norden der Halbinsel erreichten. Uns erwartete ein gigantischer Ausblick über die Küste, die von zahlreichen Seelöwen und -elefanten bevölkert wurde – ein herrlicher Anblick. Als dann auch noch der Macho zum Baden ins Wasser ging, war das Spektakel perfekt. Ein kleiner Snack und ab ging es zurück nach Puerto Piramides, wo unsere Walbeobachtungs-Tour wartete. Dank der Gaucha und ihrem Allrad-Support kamen wir pünktlich an und bestiegen das Boot der traditionsreichen Agentur „Jorge Schmid“, einem der Pioniere der Walbeobachtung von Puerto Piramides. Da selbst Lady Dy bei ihrem Argentinien-Besuch auf die Dienste vom deutschen Auswanderer Jorge vertraute, fühlten wir uns sicher. Steven, ein Walbegeisterter aus San Francisco, den es vor 25 Jahren nach Argentinien verschlagen hat, zog uns mit seinen spannenden Wal-Geschichten an Bord sofort in seinen Bann und direkt nach dem Auslaufen hielten wir Ausschau nach den Meeresriesen. Wir ergatterten uns einen Platz ganz vorne und hatten damit beste Sicht aufs Wasser. Dann war es soweit: Der erste Wal-Atem wurde gesichtet und nach kurzer Fahrt entdeckten wir eine Mutter mit ihrem Jungen, die sich entspannt von ihrer besten Seite zeigten. Definitiv ein Gänsehautmoment. Unfassbar diese riesigen Tiere so friedvoll aus nächster Nähe sehen zu können und ihre Interaktion mit uns zu spüren. Als die beiden genug von uns hatten, drehten sie ab und wir hielten aufs Neue Ausschau. Am Vormittag war das Meer noch wild, stürmisch und wellig. Jetzt war es total ruhig, so dass wir noch drei weitere Mütter mit ihren Jungen trafen und bestaunen konnten. Unser Boot war zum Glück nur zur Hälfte mit Touristen gefüllt, so dass wir genügend Platz für Fotos hatten. Steven gab uns all sein Wissen preis, hatte ein super Auge und erntete zum Abschluss einen wohlverdienten Applaus, als alle glücklich und zufrieden an Land gingen. Total fasziniert von so vielen überragenden Eindrücken schlenderten wir zurück zu Tinas Cabanas, gönnten uns ein Cerveza zum Sonnenuntergang auf der Terrasse und schliefen nach einer leckeren gekochten Pasta mit unseren Gedanken bei den Walen, Pinguinen, Seelöwen und -elefanten ein.
Am Samstag ging es dann für einen Abstecher raus aus dem Dorf und zurück in die Zivilisation nach Puerto Madryn. Doch natürlich nicht ohne ein Mate-Frühstück am sensationellen und menschenleeren Naturstrand „El Doradillo“ vor den Toren der Stadt einzulegen. In der Hauptsaison kann man hier Wale vom Strand aus beobachten, wir versuchten unser Glück und planten unsere Ankunft mit der vorausgesagten Flut. Wale gabs leider keine, dafür einen gechillten Start in den Tag mit viel Sonne und einer ordentlichen Brise Wind im Gesicht. Als die Sonne zu stark zu brennen begann, ging es ab in die City, wo wir erstmal im Supermarkt einkauften, bevor wir die schöne und ewig lange Strandriviera entlang spazierten und später durch die ganze City bummelten. Puerto Madryn ist die Basis für alle touristischen Aktivitäten in der Region und das merkt man an allen Ecken und Enden. Reisebüros, Restaurants und kleinere Hotels. Die Riviera und der riesige Strand sind definitiv das Highlight, wobei der Wind hier schon enorm bläst – ideal zum Surfen und Kiten. Nach einem Stopp in einer Cervezeria, fanden wir auf einem Handwerksmarkt ein tolles Reisetagebuch, welches Mari ab sofort führen wird. Dann stand das Highlight des Tages an: Debby aus Deutschland folgt uns in den sozialen Netzwerken und hat uns spontan zu einem Asado auf ihrer Dachterrasse eingeladen. Da sagten wir natürlich nicht nein und haben sofort zugesagt =) Schnell kauften wir noch Getränke und standen schon bei ihr in der Türe. Ihren schwäbischen Akzent konnte sie nicht verbergen und als klar war, dass sie aus Echterdingen keine 10 km von unserem Zuhause in Ostfildern kommt, war die Überraschung groß. Sie lebt seit einem Jahr mit ihrem argentinischen Freund Maxi in Puerto Madryn. Da mit Tabea aus Bielefeld und Maxi aus Buenos Aires zufällig ein weiteres deutsch-argentinisches Paar in der Stadt war, uns ebenfalls bekannt aus den sozialen Netzwerken, war der deutsch-argentinische Abend perfekt. Gastgeber Maxi lud noch weitere Freunde ein und hatte das Asado schon zubereitet als wir eintrafen: Ein großes Stück Vacío-Fleisch, Chorizo-Würste, Kartoffeln und viel Gemüse – genau nach unserem Geschmack! Selbstverständlich wurde deutsch gesprochen und sich über alles Mögliche ausgetauscht. Jeder berichtete von seiner Geschichte, seinen Erlebnissen und seinen Plänen. So brachen wir erst gegen 2.30 Uhr in der Nacht die Rückreise an. Zur Sicherheit haten wir uns bei unserer Gastgeberin Tina versichert, dass wir auch zu dieser Zeit auf die Halbinsel zurück können. Als wir am Eingang zum Reservat hielten, fanden wir die Parkwächter schlafend in ihrer Kabine an. Mit dem ersten Klopfen am Fenster sprangen sie von ihren Stühlen auf, wirbelten halb schlafend wild herum, öffneten die Pforte und ließen uns ohne große Kontrolle passieren. Marina steuerte die Gaucha durch die Nacht bis nach Puerto Piramides und wir vielen direkt in die Haya.
Die Nacht war kurz, denn auch für den Sonntag hatten wir bereits Pläne. Für nachmittags konnten wir kurzfristig noch ein absolutes Highlight buchen: Schnorcheln mit Seelöwen-Robben stand an. Doch zuvor machten wir mit der Gaucha den südlichen Teil der Halbinsel unsicher und bretterten morgens über die Schotterpisten bis zum Orca-Aussichtspunkt, an dem wir vor zwei Tagen kein Glück hatten. Dafür wurden wir heute belohnt! Quasi mit unserer Ankunft erschienen ein paar junge Orcas ein gutes Stück entfernt von uns und spielten und tobten im Wasser: Gänsehautmoment #2! Nach wenigen Minuten war das Schauspiel auch schon wieder vorbei und die jungen Tiere zogen weiter nördlich die Küste entlang. Außer uns war dieses Mal noch eine ganze Horde Schaulustiger da, unter ihnen auch unsere Nachbarin Yasmin, die eine professionelle Kamera am Start hatte und uns später ihre tollen Aufnahmen zukommen ließ. Wir genossen dieses Naturschauspiel mit bloßen Augen. Das werden wir definitiv so schnell nicht vergessen. Danach ging es weiter, zur nächsten Seelöwen und -elefanten-Kolonie mit schönen Spazierwegen an der Küste entlang. Lediglich beim letzten geplanten Stopp, ganz im Süden, wurden wir enttäuscht, da die zu Forschungszwecken genutzte Estancia leider geschlossen war und wir unsere Sandwiches vor dem verschlossenen Gatter zum Mittagessen verspeisten. Dann ging es auch schon wieder zurück, voller Vorfreude auf das anstehende Schnorchel-Highlight, nach Puerto Piramides. Auf der Fahrt erreichte uns leider die Nachricht, dass starker Wind aufgezogen war und die Exkursion auf der Kippe stand. Die Jungs von der Schnorchel-Basis arrangierten aber eine Alternative und so disponierten wir kurzfristig um. Neben uns waren ein argentinisches Pärchen in unserem Alter, welches auf Hochzeitsreise war, die einzigen Teilnehmer. Der neue Plan lautete: Mit dem Geländewagen über die Insel zu einer anderen Bucht und von dort aus mit dem Boot zum alternativen Schnorchel-Gebiet schippern. Als sie uns fragten, ob wir zufällig ein geländetaugliches Auto dabei hätten, mussten wir schmunzeln. Schon düsten wir mit der Gaucha unserem Guide im roten Toyota-Jeep hinterher. Bei der Ankunft blieb dieser im tiefen Sand stecken, machte aber nichts aus, da das Boot schon bereit zur Abreise stand. Der Capitano hatte seine zwei kleinen Kids dabei, so dass sein Sohnemann anstatt an der der Playstation zu zocken, unser Boot die Küste entlang steuern durfte. Wir legten derweil Neoprenanzug, Taucherbrille und Schnorchel an, bekamen eine kurze Einweisung und dann waren wir auch schon da: Im Natur-Schwimmbad der Robben! Gespannt und voller Neugier beobachteten sie uns von ihrem Felsen aus und als wir im Wasser waren, kamen sie eine nach der anderen angeschwommen. Zu Beginn noch etwas vorsichtig und zögerlich, näherten sie sich immer mehr und nach kurzer Zeit waren wir umrundet und es wimmelte vor, hinter und vor allem unter uns nur so von Spielgefährten. Ein unfassbares Erlebnis: Gänsehautmoment #3. So niedlich und verspielt hatten wir uns sie nicht vorgestellt. Zwischendurch verloren wir mehrfach den Überblick, was Mensch und was Robbe ist und als wir begannen, ohne Schnorchel abzutauchen, war ihr Spieltrieb endgültig geweckt. Erst als der Big Boss, das Macho-Männchen der Kolonie, sich ins Wasser begab und uns Neuankömmlinge begutachtete, herrschte kurz Ruhe im Wasser. Nach einem Inspektionstauchgang stufte er uns aber offensichtlich als willkommene Gäste ein und die Party im Wasser ging weiter. Was ein Spaß und was ein Gelächter! Nur schweren Herzens paddelten wir zum Boot zurück und es schien, als dass uns unsere neuen Freunde zum Abschied zuwinkten. Wir waren definitiv ihr Highlight des Tages und sie unsers. Dann ging es bei einem Becher heißem Tee an Bord zurück und da unser frisch verheiratetes Paar den letzten Bus nach Puerto Madryn erwischen musste und keine Zeit hatte, zu warten, bis der Toyota ausgebuddelt war, nahmen wir sie kurzerhand in der Gaucha mit und spielten Hochzeitskutsche =) Wir schafften es pünktlich zu ihrem Bus und erschöpft aber glücklich berichteten wir unser Gastgeberin Tina vom tollen Tag. Zum Sonnenuntergang ging es nochmal eine Runde durchs Dorf, bevor wir bereits für die Abreise am Folgetag packten, unsere Reste im Kühlschrank zu einem leckeren Reisgericht verkochten und uns nach einem Call mit der Familie zuhause ins Bett verzogen.
Am nächsten Tag hieß es dann Abschied nehmen von Puerto Piramides – das Dorf, in das wir uns definitiv verliebt haben. Nachdem wir alle Taschen wieder eingepackt hatten, wurden die letzten Reste zum Frühstück serviert, sich von Tina verabschiedet und es ging zum Abschluss noch auf den schönsten Aussichtspunkt hoch über der Bucht. Dann warteten gut 300 km die Atlantikküste gen Süden entlang bis nach Punta Tombo auf uns. Punta Tombo beherbergt die größte Magellan-Pinguin-Kolonie Südamerikas und bietet seinen Besuchern einen beeindruckenden Einblick in die Lebenswelt der Pinguine. Das letzte Stück war wieder Schotterpiste, die uns nach den Tagen auf der Halbinsel Valdes aber nur ein müdes Lächeln abringen konnte. Dann hieß es abtauchen in die Welt der Pinguine. In einem interaktiven Museum zu Beginn, bekommt man erstklassige Informationen an die Hand und die sehr freundlichen Park-Ranger beantworten einem alle Fragen. Nun wissen wir, dass die Magellan-Pinguine hier in Südamerika lediglich eine von 17 Pinguin-Arten ist, die es im Warmen liebt. Daher sind sie hier und nicht in der Antarktis im Eis. Von August bis April nisten sie hier in ihren Nestern, die sie zum Großteil jedes Jahr aufs Neue aufsuchen. Im April geht’s dann ab nach Brasilien in den Sommerurlaub, wo sie vier Monate im Meer verbringen, ehe sie zurück kehren. Pinguine leben zum Großteil monogam und manche Partnerschaften halten fast ein ganzes Leben lang – andere sind wechselfreudiger, wie bei uns Menschen eben auch =) Mit all dem Hintergrundwissen ging es dann raus auf einen 3 km langen Rundweg, der quer durch das Gebiet der Pinguin-Kolonie führt. Hier erlebt man sie aus nächster Nähe im richtigen Leben: beim Schlafen, Aufstehen, Baden, Brüten, Toilettengang und Geschwätz mit den Kollegen =) Mit der entsprechenden Distanz zu den Tieren und unter der Einhaltung gewisser Regeln (wenn ein Pinguin den Weg kreuzt, hat er Vorfahrt), ein respektvolles Zusammenspiel zwischen Mensch und Tier. Und wie goldig sie sind! Ihr Watschel-Gang lässt einen dahinschmelzen und man möchte sie am liebsten sofort umarmen und knuddeln, was natürlich verboten ist. Das Wetter spielte auch mit und so hatten wir einen famosen Abschluss unsers tierischen Abenteuers an der patagonischen Atlantik-Küste. Zurück auf der Ruta bogen wir für weitere 250 km weiter in Richtung Westen ein mit dem Ziel in Richtung Anden. Berge statt Meer waren also angesagt. Wie weit wir kommen würden, wussten wir bei der Abfahrt noch nicht so genau – mal schauen, wie weit uns die Gaucha in die Nacht hinein tragen würde. Nach 100 km, die Hälfte davon über eine ganz gut befahrbare Schotterpiste gelangten wir nach Gaiman. Einem der ursprünglichsten walisischen Dörfern, das einst von den ersten Siedlern aus Wales errichtet wurde. Im gesamten nordpatagonischen Teil an der Atlantikküste ist der walisische Einfluss auch heute noch immens. Straßenschilder, offizielle Informationen und mehr sind zweisprachig geschrieben. Aufgrund seines authentischen Charmes ist es ein beliebtes Ausflugsziel von Puerto Madryn aus. Auch die ehemalige Prinzessin Lady Di, lies es sich bei ihrem Besuch in Argentinien nicht nehmen, eine Tasse Tee in einem walisischen Teehaus in Gaiman zu trinken. Damit wirbt das Dorf heute noch. Anstatt Tee gab es für uns ein deftiges Abendessen: Churasquito-Burger mit Salat. Die Toiletten des kleinen Restaurants wurden anschließend genutzt, um uns bettfertig zu machen und ab ging die Fahrt auf der legendären Ruta 25, welche die Atlantikküste mit den Anden verbindet. Spektakulär ging die Sonne im Westen quasi direkt vor uns unter und verwandelte die Wüstenlandschaft in ein überragendes Farbenspiel. Kaum war sie untergegangen, schien auch schon der Mond und die ersten Sterne hell über uns. Eine Traumstrecke zum Sonnenuntergang. Da machte es uns auch nichts aus, dass die letzte Tankstelle leider geschlossen war – noch hatten wir ja einen halbvollen Tank und alle 100 km gibt’s ein Dorf mit Tankstelle. Als die Nacht dann vollends angebrochen war, entschieden wir uns, anstelle noch weiter in die Nacht hineinzufahren, lieber einen Campingplatz anzusteuern. Vorab hatten wir unser Kommen schon angekündigt, was in dem Fall von Vorteil war, denn wir rollten ersten gegen 21:30 Uhr im „Valle Verde“ ein. Die letzten 20 km abseits der Ruta 25 hatten es auch bei Nacht in sich: Steil bergab ging es in eine Schlucht, rechts und links türmten sich die Canyons mehr und mehr auf, zwei Tunnel ohne Beleuchtung wurden durchkreuzt, bis wir plötzlich über einen riesigen Staudamm rollten. Der Sternenhimmel leuchtete unfassbar und zeigte uns den Weg in das kleine Dorf am Fuß des Staudamms bis zum Campingplatz. Der Besitzer erwartete uns schon und selbstverständlich waren wir wieder alleine. Die Gaucha wurde fertig für die Nacht gemacht und wir machten es uns in ihr gemütlich, gespannt am nächsten Tag bei Tageslicht zu sehen, wo wir eigentlich gelandet waren.
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