Samstagmorgens saßen wir noch entspannt beim Frühstück - bis zum Mittagesessen hatten wir schon die ersten Koffer gepackt. Was war geschehen? Nachdem unser ursprünglich geplanter Flug am 04.07. aufgrund einer neuen Einreiseverordnung gestrichen wurde, warteten wir fünf Wochen auf diesen Moment - und plötzlich war er da. Freitags gab es grünes Licht von der argentinischen Regierung zur Einreise unverheirateter binationaler Paare, gesucht wurde ab sofort ein Flug (was in Pandemie-Zeiten und mit maximal zugelassenen 1700 nach Argentinien einreisenden Passagieren pro Tag eine entsprechende Herausforderung darstellte). Challenge accepted! Ohne Bedenkzeit buchten wir online zwei kurzfristig freigewordene Plätze mit Air France via Paris am nächsten Tag - was den gemütlichen Samstagvormittag grundlegend verändern sollte. PCR-Tests organisieren, die schon längst wieder ausgepackten Koffer neu sortieren, Einreisebestimmungen studieren, Dokumente ausfüllen, Freunde zu einem spontanen Abschiedsbier einladen und am nächsten Morgen noch ein letztes Mittagessen mit der Familie - dann ging es auch schon ab mit Sack und Pack zum Flughafen Stuttgart. Keine 24 Stunden später betraten wir etwas müde aber überglücklich und voller Vorfreude endlich argentinischen Boden im Morgengrauen des winterlichen Buenos Aires und wurden von Ricardo, Marinas Vater, sehr herzlich empfangen - inklusive selbstgebasteltem Willkommens-Plakat!
Zunächst waren 10 Tage Quarantäne angesagt - trotz vollständiger Impfung und zweier PCR-Tests innerhalb von zwei Tagen. Also ging es ab in unser Quarantäne-Appartement nach Palermo, im Zentrum von Buenos Aires. Hier galt es zunächst mal ankommen, ausschlafen und sich der neuen Umgebung anpassen. Man könnte meinen, der Wechsel über Nacht vom deutschen Sommer in den argentinischen Winter könnte schwer fallen - in der Realität ging es aber von bewölkten 20 Grad in Deutschland in sonnige 15 Grad in Buenos Aires, was also durchaus akzeptabel war (auch wenn wir nachts bei Temperaturen um den Gefrierpunkt sehr froh über die kleine Heizung im Appartement waren). Aus unseren Erfahrungen aus dem vergangenen Jahr waren wir beide ziemlich Quarantäne-erprobt und fanden schnell unseren Rhythmus. Offiziell durften wir unser Appartement nicht verlassen und keinen Kontakt zu anderen Personen haben und daran hielten wir uns auch. Glücklicherweise sind die Lieferdienste hier in Buenos Aires ziemlich fit, so dass wir unsere Einkäufe bequem per App-Bestellung erledigen konnten und zügig per Moped frei Haus geliefert bekamen - ebenso wie leckere Schnitzel, Pizza und natürlich jede Menge Empanadas. Tagsüber wurde die freie Zeit vor allem vormittags auf unserem sonnigen Balkon genutzt, um die monatelangen Planungen und Vorbereitungen zu konkretisieren und alles ins Laufen zu bringen: Firmengründung, Autokauf, Reisevorbereitungen - Let`s get started! Das Sportprogramm am Nachmittag bestand aus Yoga, Blackroll und TRX-Einheiten - so gut es in einem Ein-Zimmer-Appartement eben möglich war - ehe das tägliche Abendessen als Highlight wartete und unsere gut gefüllte Netflix-Favoriten-Liste peu á peu abgearbeitet wurde. So vergingen die ersten Tage in Argentinien im Quarantäne-Modus zwar eingeschränkt, aber durchaus produktiv. Ein Besuch in der Kneipe auf der anderen Straßenseite mit frisch gezapftem Bier in der Sonne wurde trotzdem dringend herbeigesehnt - lange war es zum Glück ja nicht mehr hin!
Auf die groß angekündigten Quarantäne-Kontrollen warteten wir bis zum Schluss vergeblich. Von Tag zu Tag stieg die Spannung, ob uns denn wirklich jemand besuchen kommt - allerdings blieb es bei einem einzigen Kontrollanruf bereits nach wenigen Tagen. Nachdem uns mitgeteilt wurde, dass die eigentlich auf 10 Tage angesetzte Quarantäne mit einem negativem Ergebnis des finalen PCR-Tests an Tag sieben vorzeitig beendet werden konnte, war die Hoffnung auf "Freiheit" groß und Pläne zum Familienbesuch bei Marinas Eltern wurden schnell geschmiedet. Dann war es endlich soweit: Am Sonntagmorgen machten wir uns auf den Weg und spazierten einmal quer durch die Stadt, zum Testzentrum in "La Rural". Dieser morgendliche Ausflug wurde natürlich ausgiebig genossen und so durchquerten wir die leeren Straßen vom chicen und bunten Stadtviertel Palermo, den zoologischen Ecopark und La Plaza Alemania - den deutschen Platz in Buenos Aires. Das Testzentrum war überraschend gut organisiert, die Registrierung allerdings nicht für Ausländer ohne DNI (Personalausweis) vorbereitet, so dass uns bereits bei der Anmeldung (lediglich mit den beiden einzigen Ziffern in Christians Reisepass) leichte Zweifel hegten, ob wir das Resultat wirklich am Folgetag per App übermittelt bekommen würden, aber wir versuchten unser Glück. Auf dem Rückweg kauften wir noch schnell Früchte und Gemüse in einer der zahlreichen "Verdulerías" und genehmigten uns unser erstes "Choripan" (argentinische Variante einer deftigen Wurst im Bröchten) inklusive einer kalten "Cerveza" - himmlisch lecker! Dann ging es zurück ins Appartement und der hoffentlich letzte Quarantäne-Tag wurde voller Vorfreude zum Packen, Vorbereiten für den Familienbesuch und gemütlichen Ausklingen unserer Quarantäne genutzt.
Marina hatte ihr Ergebnis bereits am Montagmorgen auf dem Handy: Negativ. Auf das Ergebnis von Christian wurde weiter gewartet, gewartet und gewartet. Als bis zum Abend noch nichts abrufbar war und uns am Telefon lediglich auf die bis zu möglichen 72 Stunden bis zum Erhalt eines PCR-Ergebnisses hingewiesen wurde, war die Hoffnung auf ein frühes Ende der Quarantäne verfolgen und diese um mindestens einen Tag verlängert. Am nächsten Tag war nach dem Austausch mit anderen nicht argentinischen Staatsbürgern und deren Erfahrungen mit der Quarantäne-Testung klar, dass sich die befürchteteten Komplikationen bei der Registrierung bestätigten: Das System war schlichtweg nicht für Ausländer ausgelegt. So brachen wir am Dienstagabend auf eigene Faust nochmals zum Testzentrum auf und als selbst dort das Ergebnis nicht ausfindig gemacht werden konnte, machten wir kurzerhand einen schnellen Antigentest und hielten 30 Minuten später das Ergebnis in der Hand: Negativ. Damit war klar: Wir können am nächsten Tag wie geplant in unser neues Appartement im etwas ruhigeren Stadtviertel "Colegiales" umziehen und endlich Marinas Familie besuchen. Eine Sache galt es aber noch zu erledigen und in vollen Zügen zu genießen, genau: Das frisch gezapfte Bier und eine leckere "Picada" (Vesperplatte) in der Kneipe gegenüber! Unsere Sachen waren am nächsten Morgen schnell gepackt, nach einem Frühstück im Café gegenüber wurde bei Alejandro, dem Besitzer unseres Appartements, ausgecheckt und mit, aufgrund unseres vielen Gepäcks, zwei Uber-Taxis ging es in unsere neue Heimat nach Colegiales, wo uns unser neuer Gastgeber Marco bereits erwartete. Weniger Trubel, mehr Licht, hübsche Balkonpflanzen und ein blitzsauberes, gut ausgestattetes neues Appartement wurde bezogen - unser Zuhause für die kommenden zwei Monate: Hola und Herzlich Willkommen!
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